Offener Brief an den neuen Gesundheitsminister in Bayern

Sehr geehrter Herr Minister Huber,

als Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Freie Zahnheilkunde Oberbayern e. V. darf ich Ihnen im Namen unserer Mitglieder recht herzlich zu Ihrem neuen Aufgabenbereich gratulieren.
Sie haben keine leichte Aufgabe übernommen, vor allem, da sie belastet ist mit der Verabschiedung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).
Nach 46 Jahren Honorarstillstand wird uns weder eine die Teuerung ausgleichende Erhöhung der Gebühren zugestanden, noch wird eine Dynamisierung des Punktwertes eingeführt. Die angebliche Erhöhung um 6 % wird durch die Neubeschreibung einiger Leistungen ausgelöst, bedeutet aber nicht wirklich eine tatsächliche Erhöhung der Vergütung. Vielmehr werden die Hauptleistungen der Zahnheilkunde, die Erhaltung der Zähne durch Füllungen sogar in der Gebührenhöhe abgesenkt. Ich möchte nicht den Vergleich zur tierärztlichen Gebührenordnung heranziehen, da mir sonst die Tränen in die Augen getrieben werden. – Der Mensch ist halt einfach weniger wert! –



Welche Verwaltungsschikanen zusätzlich eingebracht wurden, will ich nicht einzeln aufführen. Von einer Stoiberschen Entbürokratisierung kann nicht gesprochen werden. Der Lobbyismus der PKV hat prächtig funktioniert! Die ersten Schritte für eine sozialistische Einheitsversorgung sind getan, auch mit Hilfe und in Verantwortung unseres bayerischen Ministerpräsidenten.
Das Ergebnis dieser GOZ wird vor allem für die Beamten zu einer Schmalspurzahnheil-kunde mit vielen Hindernissen führen.

Die Beteuerung unserer Funktionäre, wir wären internationale Spitze in der Zahnheilkunde ist längst nicht mehr der Wahrheit entsprechend. Wir haben zwischenzeitlich ein Versorgungs- und Qualitätsniveau erreicht, das, der Vergütung entsprechend, allenfalls noch unteres Mittelmaß ermöglicht. Ebenso wie beim Bäcker ist die Semmel nicht mehr für 5 Pfennige erhältlich, sondern kostet zwischenzeitlich 40 Cent, also 80 Pfennige. Wir sollen unsere Füllungen aber zu einem niedrigeren Preis wie vor 46 Jahren machen. Das funktioniert so nicht, da unsere Mitarbeiter mehr Geld erhalten, die Mieten gestiegen sind und die Materialien neben einer gehörigen Preissteigerung auch einer Euroumstellung von 1:1 unterlagen, im Gegensatz zu unseren Honoraren!

Die geforderten Verwaltungsvorschriften werden den Behandlungsablauf verschleppen bzw. verhindern. Wenn Privatpatienten in Zukunft längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, hat dies allein der Verordnungsgeber zu verantworten.
Die Verantwortlichen wollten dies, sie müssen es auch dem Volk und ihren Beamten gegenüber vertreten.

Die meist für die Praxen unsinnigen Verordnungen (RKI, QM, RÖ) tragen nicht wirklich zu einer Qualitätsverbesserung bei, sondern binden teure Arbeitskraft, die uns für die Assistenz fehlt. Gehaltserhöhungen sind schon lange nicht mehr möglich, da die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse diese nicht zulassen. Ich bin mir sicher, dass heilberufliche Mitarbeiter bei den nächsten Wahlen ihre Stimme weder der FDP noch der CSU/CDU geben werden. Heute schon hört man unken, dass die derzeitigen Regierungsparteien schlimmere Sozialisten seien, als die linken Vertreter. Und ein bisschen Wahrheit liegt in dieser Aussage, besonders aus der Sicht der im Gesundheitswesen angestellten Bürger.

Budgetierungen werden nicht abgeschafft, obwohl dies im Koalitionsvertrag vorgesehen war. Werbung scheint für die Krankenkassen (AOK) wichtiger zu sein, als dem Leistungsanspruch der Versicherten mit regulärer Vergütung nachzukommen. Der Wettbewerb der Kassen untereinander wird besonders durch die AOK Bayern auf dem Rücken der Honorargestaltung der Zahnärzte ausgetragen.

Wenn Juristen, Tierärzte, Ärzte, Architekten in der Vergangenheit neue oder angehobene Gebührenordnungen erhielten, wurden wir Zahnärzte ausgeklammert, obwohl wir als Berufsstand nie zu den Kostentreibern zählten.

Irgendwo haben wir das Ende der Fahnenstange erreicht. Der Glaube an die Politik, insbesondere an die CSU ist selbst mir als Zahnarzt und Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat längst abhanden gekommen. Der Glaube an ein Grundgesetz ist uns Zahnmedizinern verloren gegangen. Wenn Unrecht gegen Zahnärzte zur Gewohnheit wird, dann werden die Konsequenzen nicht lange auf sich warten lassen.
Als ehemaliger Vorsitzender der KZVB und KZBV habe ich Einblicke erleben können, die mich an der Demokratie und Ehrlichkeit dem Volk gegenüber haben zweifeln lassen.
Seilschaften scheinen nur noch interessensgesteuert in unserem Land Bar jeder Vernunft und Notwendigkeit den Ton anzugeben, zu ihrem eigenen Vorteil.
Eigentlich haben wir einige afrikanische Länder bereits rechts und links überholt, allerdings bedeckt mit einem Mäntelchen sogenannter Rechtsstaatlichkeit und sogenannter Demokratie.
Auch Bayern ist nicht mehr das alte Bayern.

Ich würde unter dieser staatlichen Unterdrückung, Ausbeutung und Benachteiligung heute keine Zahnheilkunde mehr studieren. Die Zunahme der weiblichen Studierenden (70%) sollte ein Alarmsignal sein! Ein zukünftiger Behandlungsengpass ist vorprogrammiert. Die Freiberuflichkeit steht ernsthaft auf dem Spiel. Die DDR hat über uns gesiegt, auch mit Hilfe unserer Partei.

Ich kann nicht verstehen, dass jeglicher reale Weitblick in der Regel mit der Übernahme eines Amtes verloren geht.

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen dieses Schicksal nicht widerfährt und hoffe auf eine bessere Zusammenarbeit als in der Vergangenheit. Geben Sie uns die Freiheiten, die sie Ihren tierärztlichen Kollegen in freier Praxis zugestehen, oder verstaatlichen Sie uns, dann können wir wenigstens unsere täglichen Rückenschmerzen auskurieren.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen


Dr. Löffler Rolf-Jürgen
1.Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Freie Zahnheilkunde Oberbayern e. V.
Fraktionsvorsitzender der CSU Gemeinde Stephanskirchen