30 Jahre Honorarstillstand

30 Jahre Honorarstillstand am 1.1.2018

Kein Grund zum Feiern

Gemeinhin hat der Mensch nach 30 Lebensjahren die Schul- und berufliche Ausbildung hinter sich gebracht, ständig sein Dasein verbessert, seinen Horizont erweitert, seine weiteren Zukunftsperspektiven im Hinterkopf. Kurz gesagt, er ist kein kleines Kind mehr. Er wuchs und wächst kontinuierlich mit den Herausforderungen, die sich ihm stellen.

Ähnlich verhält es sich in der Preisbildung für praktisch alle Artikel, die hierzulande angeboten werden. Während ein VW Golf im Jahr 1988 bei einem Einstiegspreis von ca. 9000 EUR zu erwerben war, wird beim 2018er Modell der doppelte Preis aufgerufen. Dies entspricht der üblichen Anpassung der Preise, wie sie durch Rohstoff- Verteuerung, Lohnanpassungen, aber auch verbesserten Produkten vermittelbar ist. In diesem Zeitraum ist auch die Verdoppelung der Höhe bei den Diäten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein Indiz für eine sich ordentlich entwickelnde wirtschaftliche Verbesserung insgesamt.

Insgesamt?? Wohl doch nicht! Eine unübersehbare Nische der Stagnation ist offenbar.

Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) setzt sich in der Bemessung der Gebühren dahingehend zusammen, dass Punktzahlen die Gewichtung der unterschiedlichen Leistungen zueinander festlegen, wohingegen der zu den Punktzahlen zu multiplizierende Punktwert die Anpassung der Honorare an die wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen muss. Diese Möglichkeit der Punktwertanpassung war und ist immer noch der Sinn, die wirtschaftliche Situation der zahnärztlichen Tätigkeit an die übliche gesamtwirtschaftliche Steigerung anzugleichen.

Dieser Punktwert wurde zum 1.1.1988 auf elf Pfennige festgelegt. Bei der Umstellung auf den EURO im Jahre 2002, also nach 14 Jahren, wurde der Pfennigbetrag auf fünf Stellen hinter dem Komma wertgleich auf 5,62421 EURO-Cent umgerechnet. Selbst weitere neun Jahre später, bei einer Umarbeitung der GOZ zum 1.1.2012, verblieb der Punktwert auf der gleichen Höhe wie 1988. Und dort stagniert er am 1. 1. 2018 nach weiteren 16 Jahren immer noch.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Die Bezahlung zahnärztlicher Leistungen, wie sie für gesetzlich Versicherte und z.B. auch für Asylbewerber honoriert werden, wird jährlich in etwa anhand der sog. Grundlohnsumme angepasst und ist demnach in ihrer Mehrzahl längst besser honoriert als Leistungen zum 2,3-fachen Satz, dem sogenannten Mittelsatz, wie sie durch die GOZ honoriert werden.

Es besteht in der GOZ die Möglichkeit, einen höheren als den 2,3-fachen Satz anzusetzen, nämlich bis 3,5-fach. Allerdings bedingt dies für jede derart angesetzte Honorierung die Angabe einer Begründung, die patientenbezogen sein soll. Der Aufwand dazu ist nicht unerheblich und mindert die Zeit, die der Zahnarzt besser für die Zuwendung an den Patienten benötigt.

Nicht zu vergessen ist ebenfalls, dass die Kostenerstatter, wie Beihilfe und Versicherungen, vermehrt die über dem 2,3-fachen Satz liegenden, aber korrekten Rechnungen des Zahnarztes auf den 2,3-fachen Satz herunterstreichen. Daraus entstehen zunehmend Konfliktpotentiale zwischen Erstatter und Patient, die von letzterem auch dem Zahnarzt vorgetragen werden.

Die Leistungserbringung für den gesetzlich Versicherten hat lt. Gesetz die Kriterien „ausreichend, wirtschaftlich, zweckmäßig, das Maß des Notwendigen nicht überschreitend“ zu erfüllen. Die Frage stellt sich, ob ein Leistungsstandard für den Privatversicherten noch unterhalb der genannten Kriterien angesiedelt werden kann. Die Berufsordnung verpflichtet den zahnärztlichen Berufsstand zur gewissenhaften Berufsausübung und stellt sogar fest, dass eine Behandlung abzulehnen ist, wenn „eine Behandlung nicht gewissenhaft und sachgerecht durchgeführt oder die Behandlung ihm nach pflichtgemäßer Interessenabwägung nicht zugemutet werden kann“.

Nach 30 Jahren Honorarstillstand ist dieser Punkt längstens erreicht!

Dr. Helmut Hefele