Offener Brief an Daniel Bahr

Offener Brief im September 2011


Sehr geehrter Herr Minister Bahr,
Ihre Drohung, den Ärzten mit zu langen Warteterminen die Honorare zu kürzen oder gar die Zulassung zu entziehen, zielt völlig ins Leere und an den Ursachen vorbei.
Sie werden sicher Ärzte finden, bei denen Sie sofort Termine bekommen. Ob es allerdings die sein werden, die Ihren Ansprüchen genügen, wird die große Frage sein.
Auch ein Arzt hat Anspruch auf eine gewisse Lebensqualität, wie jeder andere Arbeiter, Polizist oder Selbstständige. Meine Erkenntnis ist, dass viele Ärzte weit mehr arbeiten als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Gerade Ihr Ministerium hat uns in der Vergangenheit mit oft sinnlosem Bürokratismus überschüttet, der uns viel Behandlungszeit kostet. Behandlung bedeutet auch Zuwendung. Zuwendung und Professionalität ist zeitaufwendig.
Sollen wir wirklich unsere Qualität in Frage stellen, um die beschissenen Honorare nicht noch weiter gekürzt zu bekommen? Wir können heute unseren Mitarbeitern kaum noch anständige Löhne für die abgeforderte Leistung bezahlen, weil die Honorare nicht ausreichen.

• Waren nicht Sie es, der vollmundig die Aufhebung der Budgetierung in der Zahnmedizin versprach?
• Waren nicht Sie es, der die Abschaffung des Gesundheitsfonds versprach?
• Waren nicht Sie es, der die E-Card abschaffen wollte?
• Waren nicht Sie es, der vor den Wahlen eine gerechte Honorierung versprach?
Ist eine gerechte Honorierung nach 23 Jahren Stillstand, eigentlich seit 1965, jetzt mit der GOZ-Reform eingehalten? Wir wollen gar nicht so hohe Steigerungen, wie Sie sie sich in diesen Zeiträumen selbst genehmigt haben oder Ihren Beamten gewährt haben. Wir wollen so viel, dass sich unsere Arbeit wieder lohnt, dass wir unsere Mitarbeiter leistungsgerecht bezahlen können, die technischen Einrichtungen modern erhalten können und wir den täglichen Frust ablegen können.
Wir wollen nicht nach Jahren einen Teillohn für unsere geleistete Arbeit aus Budgetgründen nachträglich wieder abgezogen bekommen, wie wir es jährlich erfahren müssen.
Warum sollen wir eigentlich unter Einsatz unseres eigenen Materials, mit von uns bezahlten Helferinnen, z. B. AOK-Patienten kostenlos behandeln, wenn gleichzeitig diese Krankenkasse Millionen Euro für Werbung auf Kosten ihrer Mitglieder sinnlos ausgibt.
Da wundert man sich noch, dass Privatpatienten bevorzugt behandelt werden, wo nicht nach Jahren das Honorar unbegründet zurückgefordert wird.
Ein unzufriedener Arzt ist ein schlechter Arzt!
Sie und Ihre Partei, die durch viele Stimmen, besonders regeneriert durch die Zahn- und Ärzteschaft, an die „Macht“ gekommen sind, -in der Hoffnung auf eine neue Ära in der Gesundheitspolitik- , haben uns bisher mehr als enttäuscht.
Ihr Verhalten in den letzten Tagen ist eine Beleidigung der Heilberufler und wird letztendlich nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die sowieso schon mangelhafte Vertrauenswürdigkeit in der Politik haben Sie und Ihre Partei weiter negativ beeinflusst.
Das letzte Wahlergebnis ist ein deutlicher Hinweis. Auch in Bayern werden Sie stranden, wenn Sie nicht bald Flagge zeigen und die Heilberufe so behandeln, wie es ihnen gebührt! Wir Ärzte in Bayern können kaum noch eine Partei favorisieren, die uns in allen Belangen enttäuscht und betrogen hat.
Ich persönlich habe einmal große Hoffnung in Sie gesetzt, weil auch meine Partei, die CSU, im Gesundheitswesen letztlich ihre Aufgaben nicht erfüllt und nie ihr Wort gehalten hat.
Wir brauchen Reformen und keine Knebelungsgesetze! Koppeln Sie die Zahnmedizin von der Medizin ab! Führen Sie eine Pflicht zur Versicherung in der Zahnheilkunde ein, in der die Vorsorge gestärkt wird. Koppeln Sie die Zahnheilkunde von der gesetzlichen Krankenversicherung ab, die unter der demographischen Entwicklung leidet.
Warum hören Sie eigentlich auf hauptamtliche Standesfürsten, die keinerlei Sinn für Reformen entwickeln, da sie sonst ihre eigene Existenz gefährden würden. Hören Sie auch nicht auf Ihren Beamtenapparat, der ebenfalls nicht empfänglich für Reformen ist, die gegen sie selbst gerichtet sind.
Ich lade Sie gerne einmal in meine Praxis ein, um den Praxisalltag eines normalen Zahnmediziners kennen zu lernen. Ich werde Ihnen auch die Vergütung zeit- und hautnah vermitteln, damit Sie einen realistischen Eindruck erhalten. Sie werden auch die vielen Leistungen kennenlernen, die kostenlos erbracht werden müssen und Leistungen, bei denen die Materialkosten höher sind als die Vergütung.
Dann werde ich Sie fragen, ob Sie unter solchen Umständen diesen Beruf ergreifen würden?
Sie werden aber wahrscheinlich diese Gelegenheit ebenso nicht wahrnehmen, wie viele Ihrer Politkollegen, da Sie die Wahrheit überhaupt nicht interessiert und auch nicht die ausgesaugte Situation Ihrer gesetzlich zwangsversicherten Wähler.

Dr. Rolf J. Löffler, ehemaliger Vorsitzender der KZVB und der KZBV und Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Freie Zahnheilkunde Oberbayern e. V.